a thousand words and a thousand insects
text
Als Graphiker hat mich am meisten begeistert, wie einfach der gestalterische Umgang mit Text bei PROCREATE ist. Im Nu fügt man seinen Arbeiten Text hinzu, man hat eine passable Auswahl an Schriften und kann gestalterisch schon so einiges mit dem Text anstellen, vor allem wenn man alle anderen Funktionen von Procreate mit dazu nimmt!
Allerdings muss man auch sagen, nur weil man malen und zeichnen kann, kann man noch lange nicht auf einem ähnlichen Niveau mit Text umgehen. Typografie, die Gestaltung mit Text, das Setzen von Text will genauso gelernt werden wie das Zeichnen oder das Malen. Wer sich damit also intensiver beschäftigen möchte, sollte das unbedingt tun. Es ist ein wunderbares Thema, das gerade im Zeitalter der Online-Selbstvermarktung oder auch beim Gestalten von Einladungskarten oder Broschüren oder Büchern sehr sehr hilfreich sein kann.
Einen grundsätzlichen gestalterischen Aspekt will ich hier kurz erwähnen. Jede einzelne Schrifttype hat einen ganz eigenen Charakter. Und es geht immer um die Frage, ob der Charakter der Schrift Dein gestalterisches Ziel unterstützt oder stärkt oder Du ihn bewusst gegenläufig auswählst. Es geht selten um die Frage, welche Schrift Dir besonders gefällt!
textfunktionen
Aber kommen wir doch mal konkret zur Arbeit mit Text bei PROCREATE. Am besten machst Du direkt mit, um die einzelnen Funktionen parallel auszuprobieren. In der späteren Übung kannst Du Dich dann gestalterisch in der Typographie versuchen.
Öffne eine Seite in einem Format Deiner Wahl, klicke auf den „Schraubenschlüssel“ links oben neben „Galerie“, achte darauf, dass das „Plus – Hinzufügen“ ganz links aktiviert ist und klicke in der sich öffnenden Liste auf „Text hinzufügen“.
Nun gib das Wort „Floh“ ein, bestätige (Return) und gib in der zweiten Zeile „Zirkus“ ein.
Wenn Du auf eines der Worte doppelklickst, wird dieses blau unterlegt, also aktiviert. Jetzt könntest Du das Wort verändern.
Außerdem öffnet sich eine Zeile mit Befehlen. Unter anderem „Alle Auswählen“. Wenn Du darauf klickst, sind alle Worte markiert, blau unterlegt, und Du kannst alle Worte auf einmal nach Herzenslust verändern.
Probiere das aus, indem Du die Farbe veränderst, wie gewohnt, einfach auf das Farbsymbol klicken, Farbe auswählen und fertig.
Wenn Du jetzt wieder auf das Blatt klickst, siehst Du unten wieder Deine Tastatur und rechts darüber den Befehl „Stil bearbeiten“. Klickst Du darauf, hast Du zig Möglichkeiten, mit dem Text zu spielen. Wir gehen die einzelnen Punkte hier mal Stück für Stück durch.
Achte darauf, dass nach wie vor beide Worte blau unterlegt sind.
Die Schriften
Ganz links hast Du eine umfangreiche Liste mit Schriften. Probiere einige Schriften aus, indem Du einfach auf die entsprechende Schrift klickst. Deine beiden Worte verändern sich direkt. Wenn Du den Worten jeweils eine andere Schrifttype geben möchtest, dann doppelklicke jeweils auf das Wort, welches Du verändern möchtest.
Einige Schriften gibt es nur in einer Form, von anderen gibt es Varianten. Wenn Du beispielsweise auf die Schrift „Futura“ klickst, siehst Du rechts daneben die verschiedenen Stile dieser Schrift:
Medium – in diesem Fall die Normalform
Medium Italic – kursiv bzw. schräg
Bold – fett, eine dicke Ausrichtung der Schrift
Condensed Medium – Die Buchstaben sind gestaucht, sie werden schmaler, damit sie letztendlich auch weniger Platz benötigen. Die Schrift kriegt natürlich auch einen völlig anderen Charakter.
Condensed Extra Bold – Wie vorher, schmalere und schmaler gesetzte Buchstaben. Dazu werden die Linien der Buchstaben besonders fett.
Der Schriftstil
Hier findest Du einige wunderbare Schiebregler, mit denen Du Deinen Schrift stufenlos verändern kannst.
Zuerst haben wir die „Größe“. Hier vergrößerst und verkleinerst Du Deine Schrift. Die Größe der Schrift wird in „Punkt“ gemessen. Dazu nochmal ein wichtiger Hinweis. Die Schrift orientiert sich immer rechts und links an dem vorgegebenen Schriftkasten. Wenn Du den an den seitlichen blauen Punkten nach rechts und links vergrößerst, indem Du die Punkte sogar über den Bildrand hinausziehst, kannst Du die volle Breite des Papiers nutzen.
Die „Unterschneidung“ bezieht sich auf den Abstand der Buchstaben zueinander, um die die Zwischenräume der Buchstaben so auszugleichen, dass ein regelmäßiges Schriftbild entsteht. Hier hat es fast die gleiche Auswirkung wie das Verändern der Laufweite.
Mit der „Laufweite“ kannst Du die Texte horizontal auseinanderziehen.
Der „Durchschuss“ verändert die Zeilenabstände.
Mit der „Schriftlinie“ kannst Du den markierten Text in Gänze nach oben oder nach unten bewegen.
Mit der „Deckkraft“ steuerst Du die Transparenz der Schrift.
Die Eigenschaften
Rechts findest Du dann nochmal einige Eigenschaften. Zum einen siehst Du die Dir gängigen Ausrichtungen von Schrift, wie rechtsbündig, linksbündig, Mittelachse oder Blocksatz. Mit dem „U“ kannst Du Deine Schrift unterstreichen und mit dem „O“ nimmst Du den Buchstaben ihre Füllung, sie bleiben also rein als Kontur erhalten.
Und das „TT“ zeigt den Text entweder komplett in Klein- oder Großbuchstaben.
Wenn Du Deinen Text bearbeitet hast, klickst Du auf „fertig“. Hast Du etwas vergessen, klickst Du einfach nochmal auf den Text und bearbeitest ihn weiter.
text markieren
So viele Funktionen scheinen das jetzt erst einmal gar nicht zu sein, aber Du kannst die anderen Möglichkeiten, die PROCREATE Dir bietet, natürlich auch auf die Schrift anwenden.
Wenn Du beispielsweise auf „Markieren“ klickst, kannst Du den Schriftblock in Gänze vergrößern und verkleinern, spiegeln, drehen, verzerren, verformen usw.
Du kannst sämtliche Zauberstabfunktionen anwenden, Du kannst die Schrift beschneiden und über die „Ebenen“ verdoppeln und verdreifachen usw.
Und schon potenzieren sich die Möglichkeiten ins Unendliche …..
textaktivierung
Allerdings gibt es eine Sache, an der ich auch immer mal wieder scheitere. Wenn man den Text weiterbearbeiten möchte, klickt man normalerweise auf den Text und es kann weitergehen. Das klappt meistens und manchmal klappt es plötzlich nicht mehr. Das kann dann schon mal ärgerlich sein. Bislang habe ich allerdings nicht herausfinden können, welches Prinzip sich dahinter verbirgt. Im Falle des Falles lösche ich den Text und setze ihn rasch neu. Falls jemand herausfindet, woran es liegt, dass es manchmal nicht mehr funktionieren will, kann mich ganz gerne kontaktieren. Ich würde mich freuen, diesen Punkt zu verstehen.
die übung
Die heutige Übung bezieht sich ausschließlich auf Text. Neun Insekten sollen in Ihrer Bezeichnung das Blatt ausmachen. Da für die meisten Text Neuland ist, gebe ich die Schritte heute etwas klarer vor. Ach ja und in Wirklichkeit sind es gar nicht nur Insekten ….
Bestimme im Vorfeld die Hintergrundfarbe. Entweder bleibt der Hintergrund weiss oder Du suchst Dir eine helle und subtile Farbe aus. Und dann kommt der Text.
1 wespen
Starten wir mit dem ersten Wort – „Wespen“.
Schrifttype „Impact“
So groß wie möglich, vom rechten bis zum linken Bildrand
Ein grünliches Grau
„O“ – also die Füllung entnehmen, so dass nur die Konturen übrigbleiben
Du klickst auf „fertig“, bestimmst ein zartes Grün in Deinem Farbring und ziehst die Farbe in drei Buchstaben hinein, damit sie sich mit dieser Farbe füllen.
(Erinnerst Du Dich? – Den Farbkreis oben rechts mit dem zarten Grün – den ziehst Du in drei Buchstaben ….). Die anderen Buchstaben bleiben rein in ihrer Kontur erhalten
Platziere das Wort im oberen Drittel des Blattes.
2 bienen
Klicke wieder auf „Text hinzufügen“, es öffnet sich jeweils automatisch eine neue Ebene. Schreibe das Wort „Bienen“
Schriftart „Gill Sans Light“
Kleingeschrieben
In einem leuchtenden Orange
Ca. 94 Punkt in der Größe
Durch die „Laufweite“ so regulieren, dass das Wort ebenso von Bildrand zu Bildrand geht
Plazierung genau oberhalb der Wespen, so dass sich die Worte so gerade berühren.
3 FLOH
Das nächste Wort ist der „Floh“
Alles großgeschrieben
Schrifttype „Rockwell Bold“
Größe: vom rechten zum linken Bildrand so groß, dass zwei Zeilen entstehen mit jeweils zwei Buchstaben
Farbe Graurosa
Deckraft auf ein Drittel reduzieren
„O“ – so wie vorher
Schrift ganz nach unten an den Bildrand setzen
Mittig ausrichten
4 heuschrecken
„heuschrecken“ ist unser nächstes Wort
In einem leuchtenden gelbgrün
Schrifttype: Papyrus regular
94 Punkt ist die Schriftgröße
Plazierung zwischen den Flohzeilen
Über „Markieren“ das Wort „heuschrecken“nach links unten (schräg) kippen
Mit dem Stift in das „O“ von „Floh“ ziehen und als Diagonale des äußeren „O“-Kreises plazieren. Die Größe so ausrichten, dass es exakt in den äußeren
„O“-Kreis hineinpasst.
5 brummer
„brummer“, kleingeschrieben, ist das nächste Wort.
Futura Bold
320 Punkt
in 3 Zeilen – bru – mm – er
Durchschuss 230 Punkt
Als „Fertig“ kennzeichnen
„Markieren“ (Pfeil oben links)
Zauberstab – Bewegungsunschärfe, so dass die Buchstaben so gerade noch zu erkennen sind.
6 MM
„MM“ – zwei Großbuchstaben aus dem Wort Brummer
Schrifttype „Impact“
807 Punkt
erstmal hellgrüngrau
Plazierung in der oberen Hälfte
Fertig
Ebenenliste – Ebene duplizieren
Markieren
Vertikal spiegeln
Nach unten schieben und die beiden „M-Blöcke“ so zusammenschieben, dass sie sich berühren und eine eher eigenwillige Figur ergeben
Die beiden rechten „M’s“ schwarz färben, indem Du Schwarz als Farbe bestimmst und den oberen Farbpunkt jeweils in das zu färbende „M“ ziehst.
Die „M’s“ sind allerdings auf verschiedenen Ebenen. Zwischendurch musst Du die Ebenen also wechseln.
7 Amöbe
Das nächste Wort ist die „AMÖBE“ – komplett großgeschrieben
Impact
95 Punkt
Schwarz
Mittig oben am Bildrand
8 pantoffeltierchen
„Pantoffeltierchen“, kleingeschrieben
Rockwell bold
blautürkis
77 Punkt
Laufweite 309 %
Durchschuss 230 Punkt
Plazierung innerhalb der 4 „M’s“
9 SILBERFISCHCHEN
„silberfischchen“, kleingeschrieben
Impact
Anthrazit
69 Punkt
Laufweite 63 %
Plazierung ganz unten am Rand – Fertig!
die reflektion
Wie war es für Dich, so komplex mit Schrift umzugehen?
Wenn Du die einzelnen Schritte der Gestaltung mit Schrift noch einmal Revue passieren lässt, hast Du das Gefühl, dass es bei Malerei und Zeichnung und auf der anderen Seite bei der Schrift ähnliche Gestaltungsprinzipien gibt? Hast Du Parallelen erkannt?
Schrift und Worte haben ja eigentlich den Sinn, auch sehr direkt Botschaften zu vermitteln. Wie bekommt man diesen Punkt in Kombination mit der Gestaltung von Schrift zusammen? Glaubst Du die Gestaltung muss sich unterordnen? Oder verhält es sich genau anders herum? Oder kann man beides machen? Wovon wäre das jeweils abhängig?
Wenn Du jetzt einen ersten Eindruck bekommst, wie komplex die Arbeit mit Schrift sein kann, fallen Dir adäquate Mittel in der Malerei ein? Wie könntest oder würdest Du dort Schrift einbauen, ohne dass es laienhaft wirkt?
Habe eine wortreiche Woche und genieße die Zeit – Stephan